15.11.1993

G r o ß - S c h a m

DURCH GEWESENE DEUTSCHE DÖRFER DES BANATS (15)

Groß-Scham (amtlich: Jamu Mare; ung.: Nagyzsám) wurde schon 1370 als Siedlung erwähnt, die damals dem Karascher Komitat angehörte. 1700 sollen hier laut Gh. Drinovan sogar 67 Häuser gestanden haben. Die ersten 30 deutschen Familien wurden 1786 neben der heutigen Ortschaft, in Freudenthal angesiedelt. Das heute zur Gemeinde gehörende Klopodia (amtlich: Clopodia) wurde 1771 mit Deutschen kolonisiert. 
1809 mußte Freudenthal wegen des schlechten Trinkwassers aufgegeben werden, die Deutschen wurden in das heutige Groß-Scham umgesiedelt. Die rumänische Bevölkerung mußte von hier nach Petrovaselo (neben Rekasch) ziehen. 1890 war der Ort als Gemeindesitz verzeichnet, die Zahl der Einwohner betrug damals 3.258 Seelen. Seitdem sank die Zahl der Einwohner ständig, 1972 lebten nur noch 2.238 Personen in der Ortschaft. Im Jahre 1806 hat Groß-Scham eine eigene Pfarrei erhalten, aber die Kirchenmatrikelbücher sind hier schon 1786 eingeführt worden.

Im März 1990 zählte man in Groß-Scham nur noch 24 „Neue Banater Zeitung"- Abonnenten. Umso überraschender ist die Zahl jener Bewohner, die sich 1992 in Groß-Scham und in den dazugehörenden Dörfern zum Deutschtum bekannten: es waren 114 (!).
Aus einem Bericht der rumänischen Zeitung „Timisoara" vom 26. Februar 1993 erfährt man, daß der Bürgermeister Eugen Stan als Kandidat der Demokratischen Konvention zum Gemeindeoberhaupt gewählt wurde. Sein Vize war damals der Deutsche Andreas Höhn. Am Anfang des Jahres 1993 existierten in Groß-Scham ein Lebensmittelladen und ein Brotwarenkiosk. Es waren aber auch schon private Geschäfte vorhanden: eine Konditorei, eine Patisserie, der Lebensmittelladen „Olimp" (beim Bahnhof) und drei Bars. Es wurden aber auch schon Räumlichkeiten für die Unterbringung einer Molkerei, einer Ölpresse und mehrerer Dienstleistungseinheiten erworben. Der Bürgermeister sorgte gleich nach der Amtsübernahme dafür, daß alle Ortschaften der Gemeinde regelmäßig mit Brot versorgt werden.

Von den 13.000 ha Ackerboden befinden sich 7.000 im Privatbesitz der Bauern. Die Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) wurde komplett aufgelöst. Der Rest des Bodens befindet sich noch im Besitz des Staatlichen Landwirtschaftsbetriebs (SLB = IAS), der hier noch als „Staat im Staat" agierte. Groß-Scham verfügt auch über 100 ha Weingärten, die teilweise an die Bevölkerung verpachtet wurden. Drei Mähdrescher und 70 Traktoren sollten sich damals schon in der Gemeinde im Privatbesitz befunden haben. Der „Dorffrieden" ist aber auch hier nur noch ein Traum geblieben. Die gewesenen SLBs, heute „AG"s, haben noch immer ihre alten Strukturen und Direktoren, ihre Führungsspitze benimmt sich auch dementsprechend. Sie bekämpfen vor allem den Gemeinderat, weil der Bürgermeister aus den Reihen der Opposition kommt. In den '70-er Jahren mußte die Gemeinde ihre Weide dem SLB abgeben, jetzt aber erhebt sie als eigentlicher Eigentümer Anspruch darauf. Anstatt die Weide zurückzugeben, verpachtete der SLB sie an fremden Schäfer. Nachdem der Bürgermeister sich nicht bestechen ließ, wurde eine Million Lei auf seinen Kopf gesetzt. Im Dezember 1992 versuchte die alte Nomenklatura den Bürgermeister seines Amtes zu entheben, was aber nicht gelungen ist. Die Regierungspartei hatte zu jener Zeit in Groß-Scham kein einziges Mitglied, dafür aber die oppositionelle Christlich-demokratische Nationale Bauernpartei um so mehr, nämlich 110.

Valentin Samânta, der Autor des Berichts glaubt, daß sich in Groß-Scham ohne die Auflösung der SLB nichts ändern kann. Die Korruption ist im Dorf so verankert, daß man ohne Schmiergelder in Höhe von Zehntausenden von Lei nichts erledigen kann. Ohne Schmiergelder können die Bauern nicht einmal Kredite von den Banken aufnehmen. Der Bürgermeister wollte dies ändern, aber er führt einen aussichtslosen Kampf, wie einst Don Quijote gegen die Windmühlen.

November 1993
Anton Zollner 

Quelle: http://www.banater-aktualitaet.de/akt3gsa.htm